Arbeiten mit Emotionen ist ein wichtiger Baustein fast jedes Coachingsprozesses. In meinen Coachingsstunden (oder auch in Workshops) nutze ich sehr gerne eine meiner Methode zur Analyse der Kerngefühle – die Gefühlslandkarte (Bazhin, 2018). Kerngefühlen werden als angenehm oder unangenehm, aktivierend oder deaktivierend empfunden (Russell and Feldman Barrett 1999). Wobei es wichtig ist zu betonen, dass dieses oder jenes Kerngefühl nur im Hier und Jetzt angenehm/ unangenehm oder aktivierend/deaktivierend empfunden wird. Demzufolge kann jedes Kerngefühl in unterschiedlichen Situationen verschiedenartig vorkommen.

Schauen wir uns genau an, welche Bedeutung die Adjektive angenehm oder unangenehm, aktivierend oder deaktivierend in unserem Kontext tragen. Angenehm ist im hedonistischen Sinne als Streben nach Sinnenlust und Erfüllung physischer und psychischer Lust zu verstehen. Wenn wir diese Adjektive auf eine zweidimensionale Achse platzieren, entstehen zwei Pole – einerseits Glück oder die vollste Zufriedenheit und anderseits Traurigkeit oder Unzufriedenheit. Dazwischen liegt eine breite Palette der Gefühle, die im Hier und Jetzt so oder anderweitig empfunden werden. Unter aktivierend verstehen wir die volle psychische Energie, womit uns das Gefühl im Moment beschert und uns demzufolge erweckt und in Spannung bringt. Die beiden Zustände – aktivierend/ deaktivierend setzen wir auch auf eine Achse, die beide Polaritäten, mit Unterstufen dazwischen, verbindet. Wenn wir jetzt die beiden Achsen kreuzen, entsteht ein Kreuz mit vier Modalitäten eines Kerngefühls: ein Gefühl kann im Hier und Jetzt (i) angenehm und aktivierend oder (ii) angenehm und deaktivierend oder (iii) unangenehm und aktivierend oder (iv) unangenehm und deaktivierend vorkommen.

Nehmen wir als Beispiel das Gefühl, gestresst von der Arbeit zu sein. Dieses Gefühl kommt uns meistens unangenehm vor. In Bezug auf die Komponente aktivierend/deaktivierend kann das Gefühl in Abhängigkeit von der Situation aktivierend oder deaktivierend sein: Bei einigen Gelegenheiten bringt es uns trotz dessen unangenehmer Erscheinung eine gewisse Energie, die es uns ermöglicht, unsere Aufgaben zu bewältigen oder das Verlassen unserer Komfortzone begünstigt. In anderweitigen Situationen raubt das Gefühl unsere Energie und wir sind nicht mehr in der Lage, uns mit den Aufgaben zu beschäftigen. Der Gegensatz zu „gestresst“ ist Entspannung. Aus meiner Sicht ist Entspannung ein angenehmes Gefühl. Nichtsdestotrotz kann das Gefühl deaktivierend sein, indem es uns ins Faulenzen treibt oder uns für eine Weile in eine angenehme Komfortzone sperrt, die wir ungerne verlassen wollen. Sicher kann die Entspannung uns auch mit Energie bereichern, die uns dazu verführt, dass wir ganz leicht mit den (neuen) Aufgaben anfangen können.

Mit dieser Methode kann man sehr leicht eigene Kerngefühle analysieren und eine Gefühlslandschaft kreieren, indem man dieses Kreuz als eine „Landkarte“ betrachtet. Wenn man in der Mitte des Kreuzes 0 und auf der Spitze jeder Achse 100 % der Ausprägung (extrem oder moderat oder neutral) jedes Gefühls setzt, bekommt man in der Tat eine „Gefühlslandschaft“, die unsere Gefühle im Hier und Jetzt beschreibt. Und wir sind im Bilde, ob das jetzige Gefühl für uns aktivierend oder deaktivierend ist, ob es uns Energie spendet oder diese entzieht. Zum Schluss bedeckt man die Punkte mit einer Wolke. Letztendlich bekommt man ein wahres Gefühlsbarometer jetzigen Zustandes. Damit kann man sehen, dass die Kerngefühle, die gerade bei mir herrschen, mehr oder minder in die Richtung angenehm/aktivierend verschoben sind. Letztendlich empfehle ich die klassische Coachingsmethode – Arbeit mit Skalierung zu nutzen um die Ressourcen zu aktivieren und in die Richtung Problemlösung zu gehen.