Wenn du dir mal vornimmst, die schöne Stadt Würzburg zu besuchen, kannst du bei der Barockanlage vor dem Bechtolsheimer Hof an der Hofstraße einen von Johann Peter Wagner errichteten Chronosbrunnen bewundern. Der bärtige, normalerweise mit Sichel und Stundenglas dargestellte Greis repräsentiert in der bildenden Kunst den Gott der Zeit aus der griechischen Mythologie – Chronos. Dieser Gott ist zwar weniger bekannt als Zeus, aber viel wichtiger, da Chronos der Ursprung von allem ist. Die Genealogie der altgriechischen Götter ist sehr kompli?ziert und verzwickt, wobei man vermutet, dass Chronos auch der Urvater von Zeus ist. Wie dem auch sei symbolisiert Chronos den Ablauf der Zeit. Was verstehen wir unter dem Begriff „Zeit“? Die Frage ist nicht weniger kompliziert als die altegriechische Göttergenealogie, unterscheidet sich aber darin, aus welcher Perspektive wir die Zeit als Begriff definieren wollen. Im Allgemeinen versteht man darunter die Abfolge der Ereignisse, die eine eindeutige und nicht umkehrbare Richtung verzeichnen. Wenn wir z.B. über die “guten Zeiten“ sprechen, meinen wir, dass eine Abfolge für uns persönlich guter Ereignisse stattfindet, stattfand oder stattfinden wird.

Isaac Newton war der erste (Natur)Wissenschaftler, der die Zeit aus der mathematisch-physischen Perspektive betrachtete. Die Zeit war für Newton absolut, unabhängig existierend und fließend. Erst mit der Relativitätstheorie, wo die Zeit als eine Dimension mit dem Raum eine vier?dimensionale Raumzeit bildet, gelang es Albert Einstein, das Absolute der Zeit zu entkräften. Die Zeit wird wie bei Newton (mechanisch-thermodynamisch) sowie bei Einstein (relativitätstheoretisch) reversibel verstanden, wobei Vergangenheit und Zukunft nicht unterschieden werden können. Ilya Prigogine, dem Nobelpreisträger für Chemie, gelang es, zumindest mathematisch, in Anlehnung an die irreversiblen chemischen Reaktionen das Gegenteil zu beweisen,dass die Zeit irreversibel ist. Er kommt schließlich zur Auffassung der „Verzeitlichung des Raumes“. Des Weiteren postulierte er einen Zeitpfeil, der den geordneten Übergang von der Vergangenheit zur Gegenwart und weiter zur Zukunft darlegt. Du würdest dich vielleicht wundern, warum das Ganze noch bewiesen wer?den muss, denn wenn wir etwas Zerbrechliches auf den Boden schmeißen, erwarten wir doch auch nicht, dass sich die Scherben wieder zusammensetzen. Wobei jedoch dieses Phänomen, das allerdings (noch) nie beobachtet wurde, nicht den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik von Newton verletzt. Ilya Prigogine gelang es unterdessen, die philosophische Betrachtungsweise der Zeit mit deren mathematisch-physikalischem Verständnis zu vereinen.

Vom philosophischen Standpunkt aus beschäftigte man sich mit Zeit schon seit der Zeit, als Chronos seine großen Taten umzusetzen begann. In Platons Ideenlehre schaffte die Zeit bewegte Abbilder des Seienden, sie wurde also gewissermaßen als Bewegung verstanden. Für Aristoteles erschien die Zeit als ein Kontinuum aus unzähligen Zeitintervallen, wobei diese als Entstehung und Zersetzung verstanden wurden. Augustinus betrachtete die Zeit als quälende Unruhe, als Gegenteil einer erfüllten Ewigkeit. Gegen das Absolute der Zeit im philosophischen Sinne trat auch Leibniz auf. Für ihn existierte die Zeit nur in Verbundenheit mit Ereignissen und stellte die sukzessive Ordnung der Phänomene dar. Auch für Kant bedeutete die Zeit den Zugang des Menschen zur Welt; sie beschreibe unsere subjektive Wahrnehmung der Welt. Mit den Namen der größten Philosophen Ende des 19. Jahrhunderts wie Bergson, Merleau-Ponty, Husserl und schließlich Heidegger ging die „Zeitwende“ einher, die gegen Vergegenständlichung, Verdinglichung der Zeit auftrat. Für Martin Heidegger war der Begriff „Zeitlichkeit“ die Grundlage unseres „In-der-Welt-seins“. Der Philosoph unterscheidet zwei Richtungen der Zeit in denen wir uns befinden können. Die erste Richtung bestünde im Vorlaufen in die Zukunft – „Sein zum Tode“ und die zweite Bewegung wäre das Zurückkommen in die Gegenwart als Teil der Vergangenheit oder, laut Heidegger, in die „Gewesenheit“. Durch Vorlauf in die Zukunft, die alle Möglichkeiten enthält, wird der Horizont unseres Daseins erweitert. Daher bestimmte Heidegger die Zeitlichkeit des Daseins durch die Sorge als Vorgriff auf die Zukunft. Als Teil der Wirklichkeit präge die Zeitlichkeit unseres Daseins den Menschen zutiefst. Da die Vergangenheit nicht verändern werden kann, kann sie nicht aus unserer Gegenwart gesteuert werden. Die Zukunft hingegen hängt von der Gegenwart kausal ab und kann somit durch unser Handeln beeinflusst werden…

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